"Die Würde des Menschen ist unantastbar" auch im Alter!

Seniorenpolitische Standpunkte der PDS 1998,
beschlossen vom Parteivorstand am 9.2.1998

Inhalt

  1. Wer sind wir?
  2. Einkommen der SeniorInnen
  3. Gesundheit
  4. Wohnen
  5. Aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen!
  6. Geschichte
  7. Kultur/Kunst/Literatur
  8. SeniorInnen und PDS

Angesichts der umfassenden strukturellen und gesellschaftlichen Krise, die die Bundesrepublik Deutschland erfaßt hat, stellen wir, Seniorinnen und Senioren, als Mitglieder, Sympathisantinnen und Sympathisanten der Partei des Demokratischen Sozialismus, vereint und tätig in der Seniorenarbeitsgemeinschaft der PDS unsere Ansichten, Vorschläge und Forderungen zur öffentlichen Diskussion.
Die politisch herrschende Kaste der Bundesrepublik erweist sich immer unfähiger, den globalen ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen mit tragfähigen und vorausschauenden politischen Konzepten zu begegnen. Die Regierungskoalition beharrt auf einer konservativen und neoliberalen Politik der Privatisierung und staatlichen Deregulierung, die weder wirtschaftlichen Aufschwung noch ökologischen Wandel schafft, sondern vielmehr durch massenhafte Arbeitslosigkeit und den Bankrott des Staatshaushaltes gekennzeichnet ist. Sie wälzt die Lasten ihrer gescheiterten Politik rücksichtslos auf die Schwachen und Schwächsten ab. Sie scheut sich nicht, Bürgerinnen und Bürger, die den Reichtum des Landes maßgeblich geschaffen haben, mit Begriffen wie Rentnerschwemme, Rentnergau, gesellschaftliche Vergreisung oder graue Revolution bewußt zu diffamieren. Unter mißbräuchlicher Anwendung des Reformbegriffs betreibt die gegenwärtige Regierungskoalition den weiteren Abbau des Sozialstaates:

- Sie stellt den Generationenvertrag als Kernstück des Sozialstaats in Frage; sie kündigt ihn de facto vor allem zu Lasten der Kinder und Jugendlichen, der Frauen und Alten, der Alleinerziehenden und Alleinlebenden, der Menschen mit Behinderungen auf.
- Sie setzt den Abbau des solidarischen Versicherungssystems - vor allem der Renten- und Sozialversicherung - fort, favorisiert die kapitalisierte Selbstvorsorge und hebt damit die gesellschaftliche und sozialstaatliche Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes auf, getreu dem eigensüchtigen Prinzip: "Jeder ist sich selbst der Nächste".
Diese Politik der Regierungskoalition führt zur fortschreitenden gesellschaftlichen Polarisierung - zwischen arm und reich, unten und oben und alt und jung. Dieser Politik muß entschiedener Widerstand entgegengesetzt werden, vor allem von jenen, die davon betroffen sind. In diesen Widerstand gegen den Sozialabbau reihen wir uns ein. Nicht nur, weil er uns besonders betrifft, sondern auch weil wir auf einem Lebensweg alt geworden sind, der - bei allen Höhen und Tiefen - bisher ein Weg des solidarischen Miteinanders der Generationen war. Mit diesem Verständnis kämpfen wir dafür, die Solidarität der Generationen als wichtigste Voraussetzung, für ein Leben im Alter in sozialer Sicherheit und Würde zu erhalten. Als Mitglieder der PDS wollen wir gemeinsam mit Sympathisantinnen und Sympathisanten auf der Grundlage des Programms der PDS linke und sozialistische Seniorenpolitik als eigenständiges und spezifisches Politikfeld gestalten, darauf gerichtet, "politische, soziale, ethische, geistig-kulturelle und rechtliche Bedingungen" zu schaffen, "die selbstbestimmtes Leben im Alter und aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Geschehen ermöglichen". (Programm der PDS, S. 18)

Wer sind wir - in wessen Interesse wollen wir Seniorenpolitik gestalten?

Wir, das sind ältere, altgewordene, betagte und hochbetagte Bürgerinnen und Bürger, aber auch jüngere - altgemachte - arbeitslose Menschen, die den Begriff einer Seniorin/eines Seniors noch längst nicht auf sich bezogen haben möchten; wir, das sind Menschen dreier Generationen; einer Bevölkerungsgruppe, die fast überall in der Welt relativ und absolut wächst und die dritte Lebensphase verkörpert. Sie zeichnet sich durch soziale Vielfalt aus, mit der Tendenz weiterer sozialer Differenzierung.
Sie verfügt über reiche und zugleich sehr unterschiedliche persönliche Lebenserfahrungen eines Dreivierteljahrhunderts, über divergierende Ansichten zu gesellschaftlichen Wertvorstellungen, Alternativen und Visionen. Angesichts ihrer erbrachten Lebensleistung verdienen vor allem die beiden sogenannten Aufbaugenerationen der heute 70 bis über 90jährigen einen würdigen Platz in der Gesellschaft. Diese Gruppe ist zudem ein vielschichtiges Konsumentenpotential, das für den Arbeitsmarkt, für den Erhalt von Arbeitsplätzen, sowohl im produzierenden als auch im Dienstleistungs-, Gesundheits- und Pflegebereich nicht geringe volkswirtschaftliche Bedeutung hat. Die Bewertung der Lebensbilanz ostdeutscher Seniorinnen und Senioren ist im Verlauf der vergangenen acht Jahre sowohl durch Zugewinn als auch durch erhebliche Verluste gekennzeichnet. Einerseits haben sich die Einkommensverhältnisse nicht weniger Seniorinnen und Senioren durch erhöhte Rentenbezüge verbessert, wodurch das umfangreiche Waren-, Reise-, Tourismus- und Kulturangebot genutzt werden konnte. Andererseits aber sind die zunehmenden und teilweise maßlosen Steigerungen finanzieller Aufwendungen für Mieten und Betriebskosten, medizinische und Pflegeleistungen, für den öffentlichen Personennahverkehr u.a.m. für einen großen Kreis von Seniorinnen und Senioren Belastungen, die wachsende Altersarmut geradezu programmieren. Damit sowie mit dem noch immer bestehenden Versorgungs- und Rentenunrecht und der mißbräuchlichen Anwendung des Rentenrechts als Strafrecht werden Lebensleistungen diffamiert, wird soziale Kälte immer wieder reproduziert und die Würde der Menschen nachhaltig verletzt.
Ein beachtlicher Teil westdeutscher Seniorinnen und Senioren besitzt zwar ein größeres Vermögen und ausreichendes Einkommen. Viele streben besonders nach lebenserfüllenden Ehrenämtern und sinnstiftendem Leben in der sogenannten Nacherwerbsphase. Ein anderer, ebenfalls beträchtlicher Teil vor allem alleinlebende Frauen ohne eigene Erwerbsbiografien erhält Renten unter dem Sozialhilfeniveau, die Altersarmut einschließen.

Wir setzen uns dafür ein:

- den Sozialabbau unverzüglich zu stoppen, das solidarische Sozialstaatsprinzip mit dem Generationenvertrag als Kernstück und soziale Sicherungssysteme Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu erhalten, zu erneuern und mit einer sozialen Grundsicherung zu erweitern;
- die Massenarbeitslosigkeit durch einen langfristigen Umbau des gesellschaftlichen Arbeitssystems, verbunden mit dem Übergang zu einer nachhaltigen ökologisch verträglichen Wirtschaftsweise und durch die Bildung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors zu überwinden.

Dieser geforderte Umbau soll Arbeitsplätze für alle Altersgruppen mit angemessener Lebensarbeitszeit schaffen. Der Schweriner Parteitag der PDS im Januar 1997 hat dazu "Vorschläge zur Bekämpfung von Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau" und "PDS-Positionen für eine soziale und ökologische Reform von Steuern und Abgaben" beschlossen und der öffentlichen Diskussion übergeben.

Das Einkommen von Seniorinnen und Senioren muß ihre finanzielle und materielle, also lebensstandardsichernde Unabhängigkeit gewährleisten!

Die von der Regierungskoalition immer wieder geführten Debatten über eine sogenannte Rentenreform sind kontraproduktiv, zerstörerisch und letztlich auf den Abbau des Rentenversicherungssystems gerichtet. Wir fordern: - die gesetzliche Rentenversicherung als Hauptbestandteil des solidarischen Generationenvertrages und der Alterssicherung mit allen politischen Mitteln zu verteidigen; ihre künftige Finanzierung nicht nur angesichts des technologischen Wandels - vor allem in den wertschöpferischen produktiven Bereichen - grundlegend neu zu regulieren.
Versicherungsbeiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen 20% vom Lohn/Gehalt nicht überschreiten;
- das Rentenniveau zur Sicherung eines angemessenen Lebensstandards auf einem durchschnittlichen Lohn- bzw. Gehaltsniveau von mindestens 70 % zu erhalten. Der in den neuen Bundesländern geminderte aktuelle Rentenwert ist bis zum Jahr 2000 an den der alten Bundesländer anzugleichen;
- alle Leistungskürzungen des Jahres 1996, d.h. die Anhebung von Altersgrenzen bei Abschlägen mit vorgezogenem Rentenbezug, Mindestbewertung von Ausbildungszeiten, Nullbewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit und Krankheit ohne Leistungsbezug, zurückzunehmen;
- eine den tatsächlichen Lebensleistungen gemäße Rentenregelung für Frauen zu schaffen, die Alterssicherung gewährleistet, Armut und Abhängigkeit im Alter verhindert;
- die Frühverrentungen zu stoppen und durch einen selbstbestimmten Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ersetzen;
- den Rentenanspruch arbeitsloser Erwerbsgeminderter, die nicht auf die Arbeitslosenversicherung oder Sozialhilfe verwiesen werden dürfen, beizubehalten;
- noch immer bestehende Überführungslücken im Rentenrecht, renten und versorgungsrechtliche Diskriminierungen sowie die Reste des Rentenstrafrechts umgehend zu beseitigen;
- angesichts unsicherer Berufsverläufe und bedrohlicher Arbeitslosigkeit, in deren Folge das Rentenniveau absinkt und Altersarmut dramatisch zunimmt, die gesetzliche Rentenversicherung durch eine steuerfinanzierte und bedarfssichernde soziale Grundsicherung zu ergänzen.

Umfassende gesundheitliche Betreuung und Versorgung für alle erst recht für alle Seniorinnen und Senioren!

Gesundheit darf nicht von den personellen und finanziellen Ressourcen des einzelnen Menschen abhängen. Ihre Erhaltung ist ein unverzichtbares Grundrecht im Sinne sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit, das bei einer weiteren Aufkündigung des gesellschaftlichen Solidarvertrages durch die gegenwärtige bundesdeutsche Gesundheitspolitik in hohem Maße gefährdet ist.
Die dritte Etappe der sogenannten Gesundheitsreform der Regierungskoalition mit allen ihren Elementen führt zwangsläufig auf den Weg zur Zwei-Klassen-Medizin; mit ihr wird der Status eines humanen solidarischen Volksgesundheitswesens aufgegeben. Minimierung medizinischer Leistungen, überhöhte, aufwendige Apparatemedizin, unverschämte Zuzahlungserhöhungen für Medikamente und andere Versorgungsleistungen im Profitinteresse vor allem der Pharma- und Medizintechnikindustrie zu Lasten der Alten und Kranken charakterisieren die aktuelle Gesundheitspolitik der Bundesregierung.

Wir fordern deshalb:

- ungehinderten Zugang zu medizinischer Betreuung und Fürsorge; angemessene psychologisch verständnisvolle ärztliche Zuwendung vor allem gegenüber alten und chronisch Kranken bei maßvoller Anwendung von Apparatemedizin;
- Zuzahlungen und Selbstbeteiligungen für Medikamente, Heil- und Hilfsmittel, bei Krankenhausaufenthalten und Kuren entschieden zu reduzieren; sozial ausgewogen zu gestalten und für chronisch Kranke aufzuheben. Die Preisgestaltung im Interesse des Maximalprofits der marktbeherrschenden Pharmakonzerne ist offenzulegen;
- das europaweit anerkannte Polikliniksystem als rationales und kooperatives Element gesundheitlicher Versorgung und sinnvoller Koordination von Prävention, Diagnostik, Therapie, Nachsorge und Rehabilitation zu reaktivieren und auszubauen;
- die Zuständigkeiten für medizinische, pflegerische und soziale Versorgung - auch angesichts des Dschungels von Kostenträgern und Ansprechpartnern - überschaubar zu gestalten, die unsinnige Trennung von Behandlungs- und Pflegebedürftigkeit aufzuheben und aktivierende und rehabilitative Maßnahmen sinnvoll miteinander zu verbinden;
- entsprechend der Bedarfsentwicklung ein wohnortnahes und dezentrales System ambulanter, teilstationärer und stationärer Versorgung als Einheit medizinischer, pflegerischer und sozialer Betreuung mit gerontologisch/geriatrisch ausgebildetem Personal auszugestalten;
- bei eintretender Hilfe- und Pflegebedürftigkeit nicht nur älterer und alter, sondern aller Bürgerinnen und Bürger hat die gesetzliche Pflegeversicherung alle notwendigen Kosten der Pflege und Betreuung zu übernehmen. Es darf weder die Sozialhilfe in Anspruch genommen noch der unwürdige "Offenbarungseid" oder die Kostenbeteiligung durch Familienangehörige erzwungen werden;
- die solidarische, gesetzliche Krankenversicherung für alle abhängig Beschäftigten einschließlich der Beamtinnen und Beamten zu erweitern und die Beitragsbemessungsgrenze bis zu einem Jahreseinkommen von 100.000 DM (brutto) anzuheben.

Wohnen ist ein Menschenrecht für alle wann auch in der Bundesrepublik Deutschland?

Das Wohnen gewinnt im Alter zunehmend an Bedeutung, zumal sich im höheren Alter nahezu das gesamte Leben in der Wohnung abspielt. Durch geringere Mobilität, gesundheitliche Beeinträchtigungen, begrenzte finanzielle Möglichkeiten, aber auch durch steigende Bedürfnisse nach Wohnqualität, durch veränderte familiäre Bindungen und nicht zuletzt durch demographische Veränderungen wird die Versorgung der älteren Bevölkerung mit altersgerechtem Wohnraum komplizierter.
Ältere Menschen wünschen sich für ihre dritte Lebensphase eine Wohnung, die eine sozialräumliche Verflechtung mit dem "normalen Leben" gewährleistet, Eigenständigkeit beim Wohnen sichert und Serviceleistungen nicht als Totalversorgung, sondern nach Bedarf bereithält.Das Wohnungswesen ist vollständig den Regeln der profit und geldgierigen Marktwirtschaft unterworfen.
Wohnungsprivatisierungen, auslaufende Sozialbindungen, verringerter Mieterschutz, unzureichende Wohnungsbauförderung und reduziertes Wohngeld verursachen bei nicht wenigen Seniorinnen und Senioren Lebensunlust und Angst vor dem Morgen.

Deshalb fordern wir:

- eine demokratische, soziale und ökologische Wohnungspolitik und ein überschaubares Mietrecht, in dem die demokratische Mitbestimmung von Mieterinnen und Mietern in Aufsichtsräten, Vorständen und Beiräten von Wohnungsgesellschaften gesetzlich geregelt ist. Ebenso fordern wir einen verfassungsrechtlich gesicherten Kündigungsschutz; besonders für Menschen mit Behinderungen und die das 70. Lebensjahr erreicht haben.
- die weitere Privatisierung kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungen sowie der anderer gesellschaftlicher Eigentümer durch ihren Verkauf an Investment-Gesellschaften oder an Zwischenerwerber u.ä., deren vorrangiges Ziel es ist, bisher preiswerte Mietwohnungen in von Seniorinnen und Senioren unbezahlbare Eigentumswohnungen umzuwandeln, unverzüglich zu beenden.
- die Modernisierung und den Neubau altersgerechter barrierefreier und bezahlbarer Wohnungen im Interesse sozialer Gemeinnützigkeit durch den kommunalen, genossenschaftlichen und privaten Wohnungsbau spürbar zu fördern. In diesem Sinne ist auch der Wohnungstausch durch Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften - z.B. mittels dauerhafter Belegungsbindung - umfassend zu unterstützen.
- betreutes Wohnen von Seniorinnen und Senioren rechtlich und materiell zu sichern, den Wohnaspekt in Pflegeheimen als Folge des höheren Anteils alleinlebender Hochbetagter auszuprägen.
- alternative Formen altersgerechten Wohnens zu unterstützen, z.B. Selbsthilfeprojekte von Wohngemeinschaften Alleinlebender, von Ehepaaren und Lebensgemeinschaften, die nicht das traditionelle Altenheim bevorzugen, Gründung von Seniorenbaugenossenschaften als Form der Altersvorsorge mit lebenslangem Wohnrecht.
- von den Kommunen künftig eine städtebauliche und sozialräumliche Planung zu betreiben, die der Vereinsamung und Verdrängung altgewordener Bürgerinnen und Bürger aus dem gewohnten Wohnumfeld entgegenwirkt; vor allem durch altersgerechten Umbau, Modernisierung, Begrünung, Lärmschutz, Verkehrsberuhigung, Dienstleistungszentren, Versorgungs-, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen.

Seniorinnen und Senioren nehmen aktiv am öffentlichen gesellschaftlichen Leben teil!

Wir nehmen unsere verfassungsmäßig garantierten staatsbürgerlichen Rechte uneingeschränkt in Anspruch und gestalten unser Leben selbstbestimmt durch unser persönliches Engagement bei der politischen Willensbildung und aktive Mitwirkung in und mit seniorenpolitischen Zusammenschlüssen im weitesten Sinne. Solche Zusammenschlüsse sollen das Recht zu verbindlicher Teilnahme und Anhörung in politischen Entscheidungsgremien entsprechender Ebenen verwirklichen.

Wir rufen auf:

- in Ausschüssen, Seniorenvertretungen und -beiräten gewählter parlamentarischer Vertretungen aller Ebenen aktiv mitzuarbeiten sowie mittels Rede- und Antragsrecht Einfluß auf die Ausarbeitung und Realisierung von Senioren-, Alten- und Altenhilfeplänen und anderer politischer Instrumentarien im Interesse von Seniorinnen und Senioren zu nehmen;
- zur solidarischen Mitwirkung in Gewerkschaften, Wohlfahrtsorganisationen, Senioren- und Behindertenverbänden, Sozialbündnissen, Mietervereinigungen und in den im "Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden e.V." vereinten Solidarorganisationen im Interesse und zum Nutzen vieler Hilfebedürftiger;
- am gesellschaftlichen, geistig politischen Leben aktiv teilzunehmen; im Sinne der Vielfalt individueller Bedürfnisse, die sowohl Teilnahme und Mitarbeit in Seniorenklubs und -begegnungsstätten, Seniorenuniversitäten bzw. -akademien, Volkshochschulen umfassen, als auch spezifische Interessenpflege in Bürger-, Heimat- und Sportvereinen, verbunden mit Selbstbetätigung und gesunderhaltender Lebensführung.

Zugleich verlangen wir:

- den Zusammenhang sozialer Mißstände, die die herrschende Regierungskoalition mit ihrer verfehlten Politik zu verantworten hat, und wachsender Kriminalität, die Lebensängste auslöst und deren Opfer immer wieder ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger sind, öffentlich und damit deutlich zu machen, daß eine grundlegend veränderte Gesellschafts- und Sozialpolitik die nachhaltigste Kriminalitätsprävention ist;
- die noch immer praktizierte und rechtlich nicht oder nur willkürlich gedeckte Strafverfolgung ehemaliger Bürgerinnen und Bürger der DDR im Interesse tatsächlicher innerer Einheit des Volkes und des Rechtsfriedens in Deutschland mit einer gesetzlichen Regelung zu beenden.

Seniorinnen und Senioren sind lebendige Zeugen der Zeitgeschichte

Wir haben sechs, sieben oder sogar acht Jahrzehnte dieses 20. Jahrhunderts mit seiner gewaltigen industriellen und wissenschaftlich-technischen Entwicklung, mit zwei gnadenlosen Weltkriegen und zahllosen regionalen Kriegen mit unermeßlichen Zerstörungen, mit weltverändernden gesellschaftlichen Umgestaltungen bewußt erlebt. Wir meinen, es wäre eine Kulturtat, wenn wir als Zeugen der Zeitgeschichte, nach kritischer Selbstbefragung eigenen Lebens, Denkens und Tuns, unseren nachkommenden Kindern, Enkeln und Urenkeln und ihren Familien gewonnene Ansichten und Einsichten mit Zuneigung und Sachlichkeit erzählen oder aufschreiben, ihnen die Bilanz unseres Lebens, unsere Wünsche und Träume, unsere Wege und Irrwege auf diese Weise vermitteln würden.

Wenige Stichworte mögen erklären, was wir meinen:

- die Weimarer Republik, aufkommender Faschismus, Chauvinismus, Rassismus, der 2. Weltkrieg;
- die Nachkriegszeit, der kalte Krieg, die Spaltung Deutschlands, die Ost- West Konfrontation;
- gesellschaftliche Alternativen: der reale Sozialismus in der DDR und sein Scheitern, das "Wirtschaftswunder" und der Sozialstaat in der BRD, die Wiedervereinigung beider Staaten;
- die weltweite kapitalistische Globalisierung
- Massenarbeitslosigkeit
- Sozialabbau
- Marktradikalismus.

Seniorinnen und Senioren bereichern ihr Leben mit Kultur, Kunst und Literatur

Haben wir mehr Zeit? Ja, wir haben - wenn wir wollen - mehr Zeit. Nutzen wir die Chance, Werke der künstlerischen und wissenschaftlichen Kultur zu erleben, zu genießen und uns im kritischen geistigen Dialog mit ihnen und mit uns selbst auseinanderzusetzen. Das literarische Angebot, das sich in vielen neuen und interessanten und gleichermaßen auch älteren, bewahrenswerten, aber noch nicht gelesenen Büchern präsentiert und Lesevergnügen bereitet, fordert zugleich auch produktiven Streit über Vergangenes, Gegenwärtiges und Künftiges heraus. Bemühen wir uns, mit der uns verbleibenden Lebenszeit sorgsam umzugehen, zu lesen, zu schauen, zu hören, Zeitungen, Journale und Bücher zu lesen, fernzusehen, wieder ins Theater, ins Konzert oder Kino zu gehen, ihre originale, lebendige Atmosphäre zu erleben; Museen und Ausstellungen oft einmaliger Art zu besuchen. Wir sollten Bücher ausleihen und eigene untereinander austauschen, Preisvergünstigungen für kulturelle Veranstaltungen fordern sowie selbstbewußt in Anspruch nehmen.
Wir wollen mit eigenem Bemühen Bewahrenswertes der Kultur, Kunst und Literatur vergangener Jahrzehnte erhalten, pflegen und weitergeben. Wir bitten die uns nahestehenden Künstler und Kulturschaffenden, Mitglieder und Freunde der PDS mit den ihnen gemäßen künstlerischen Mitteln und Möglichkeiten den Reichtum, die Konflikte und Widersprüche menschlicher Beziehungen heute, das solidarische Miteinander der Generationen und der linken Kräfte in neuen Werken und Arbeiten zu gestalten.
Wir erheben gegen den zunehmenden Kulturabbau scharfen Protest und üben Solidarität mit den Betroffenen, eingedenk dessen, daß Kulturvernichtung Gesellschaftsverfall ist. Angesichts des sinnlosen Milliardenprojekts „Eurofighter" sind finanzielle Gründe für den kulturellen Rückbau nicht hinnehmbar.

Seniorinnen und Senioren in der PDS helfen, die Partei des Demokratischen Sozialismus zu einer modernen sozialistischen Partei in Deutschland zu gestalten

Wir, die über 60jährigen Mitglieder der PDS mit einem Anteil von 67 % am Mitgliederbestand, verstehen uns nicht als Last, wir sind vielmehr lebensnotwendig für die Existenz der PDS und haben wesentlichen Anteil daran, daß sie im Alltagsleben der ostdeutschen Länder und Kommunen fest verankert bleibt. Unser Engagement in den Basisorganisationen und in der Kommunalpolitik, unsere sozialen Wertvorstellungen und die Wahrnehmung ostdeutscher Interessen, unser kritischer Umgang auch mit unserer eigenen Vergangenheit sind Ausdruck politischer Kompetenz, die auch außerhalb der PDS zunehmend Akzeptanz und Anerkennung findet. Es gilt deshalb, die reale Zusammensetzung der PDS zu nutzen, um ältere Bürgerinnen und Bürger für unsere Politikangebote zu interessieren und zu gewinnen. Zugleich wünschen wir uns neue und junge Mitglieder der PDS, die mit ihren Ansichten, ihrem Lebensstil und ihrer Kultur das Miteinander der Generationen bereichern.

Wir wollen auch weiterhin:

- mit unserer aktiven ehrenamtlichen Arbeit in den Basisorganisationen, in den Arbeits- und Interessengemeinschaften, in den Geschäftsstellen der Gebiets-, Bezirks- und Kreisvorstände und der Fraktionen der Parlamente helfen, die Politik der PDS im tagtäglichen Leben zu verwirklichen;
- all unsere Kraft für erfolgreiche Wahlkämpfe 1998/99 einsetzen, um erste Schritte eine radikale politische Wende in der Bundesrepublik Deutschland einzuleiten. Kohl muß weg, Alternativen müssen her! Alternativen, die von breiten sozialen Bewegungen getragen, gesellschaftliche Veränderungen zur Folge haben, die das Leben zukunftssicherer machen. Wir wollen uns auch im höheren Alter unserer Verantwortung für das Leben nachfolgender Generationen stellen. Wir wollen, daß nicht nur unsere Nachkommen, sondern alle Menschen dieser einen Welt eine lebenswerte Zukunft haben. Wir wollen uns auch schmerzlicher Defizite vergangener und gegenwärtiger politischer, ökonomischer und ökologischer Lebensgestaltung bewußt werden und sie öffentlich machen, wie die Nutzung der Kernenergie ohne gesicherte Entsorgung, der Raubbau an der Natur mit verbundenen Klimakatastrophen im Interesse des Profits, die ungehemmte Erdversiegelung vor allem infolge des motorisierten Individualverkehrs, eines Gigantismus, der vom realen Kapitalismus rücksichtslos befördert wird.
Wir wollen zivilisatorischen Wandel sowie einen ökonomischen und sozial-ökologischen Umbau der gesamten Produktions-, Distributions- und Konsumtionsweise als Voraussetzung für die Gestaltung einer friedvollen und gerechten Welt. Wir müssen lernen mit den der Menschheit noch verbleibenden Reichtümern der Natur höchst sorgsam umzugehen. Wir wollen keine asketische, wohl aber eine vernünftige Lebensweise, in der nicht mehr das Geld, der Profit, der Besitz und das Vermögen Priorität in der Werteskala der Menschen haben, sondern Wohlstand für alle, Solidarität, Freiheit, Gleichstellung aller Mitglieder der Gesellschaft.

Wir hoffen auf die Kraft neuer sozialer Bewegungen der Zukunft. Indem wir aus den Erfahrungen erlittener Niederlagen lernen und uns bemühen, mit der Lösung aktueller gesellschaftlicher Probleme eine bessere, sozial gerechtere Gesellschaft als die heutige zu schaffen, wird die Vision einer zukünftigen Gesellschaft letztlich auch durch unser heutiges aktives Tun beeinflußt.


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